Freitag, 5. April 2013

Historische Archäologie - ein Opfer der Geschichte

Größte Skepsis schlägt der historischen Archäologie (breit verstanden als all jene archäologischen Disziplinen, die sich mit Kulturen auseinandersetzen, die auch eine schriftliche Überlieferung hinterlassen haben) ausgerechnet von einem Selbstverständnis der Archäologie als historischer Disziplin entgegen - jedenfalls wenn dem ein unreflektiertes Geschichtsverständnis zugrunde liegt, das in der Archäologie nicht gerade selten ist.
In Mitteleuropa sieht sich die Archäologie in der Regel als Teil der Geschichtswissenschaften, doch ist das ein zwiegespaltenes Verhältnis. Eine traditionelle Geschichtswissenschaft nimmt nämlich bis heute das Potential archäologischer Quellen nur ungenügend wahr: "Archäologie ist ein teurer Weg, herauszufinden, was wir ohnehin schon wissen" heisst es da.
Archäologie ist daher nur dort zuständig, wo keine anderen, 'besseren' Quellen vorliegen: also für die Vor- und Frühgeschichte  oder für einige Nischen wie die Technik- und Industriearchäologie. Eine Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit hat es da schwer.

Bemerkenswerterweise stammen viele spannende Impulse für eine historische Archäologie von Ansätzen, die als "ahistorisch" gelten. Daher mag es passender sein, historische Archäologie eher als Kulturwissenschaft denn als Geschichte zu verstehen.
Unterschiedliche Konzepte der Beziehung
zwischen archäologischen und schriftlichen Quellen

(Graphik R. Schreg)
Das ist keine theoretische Haarspalterei, sondern hat ganz konkret Einfluss darauf, wie archäologische Quellen bewertet und ausgewertet werden. Nicht zuletzt resultiert eben daraus der geringe Stellenwert, den eine "Archäologie der Neuzeit" in Deutschland noch immer hat.

Eine vertiefende Diskussion der Problematik im Hinblick auf die Entwicklung einer Archäologie der Neuzeit  und die Geschichtsbilder in der Archäologie findet sich in dem eben erschienenen Artikel:

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