Montag, 3. September 2012

Eine fossile Kulturlandschaft in den Anden

Die Auswertung von Google-Luftbildern spielt für die fossilen Feldsysteme der Anden inzwischen eine wichtige Rolle. Das Potential der Luftbildarchäologie war hier schon lange erkannt worden, aber die leichte Zugänglichkeit der Daten hat die Forschungen enorm vorangetrieben.

Dabei sind sehr unterschiedliche Formen von Feldsystemen und anderen Erdwerken zu erkennen.

Raised Fields
Bei den raised fields handelt es sich um eine Flurform aus Hochbeeten und dazwischen liegenden Kanälen, die insbesondere in Überschwemmungszonen vorkommt. Ihr Vorkommen in heute ariden Zonen des Anden-Hochlandes ist ein Hinweis auf einen regionalen Klimawandel.
Verbreitet sind sie in unterschiedlichen Landschaften, von den Überschwemmungsebenen auf Meereshöhe bis ins Anden-Hochland. Obwohl die Befunde am Titicaca-See in einer Höhe von über 3810 m liegen, weisen sie eine größe Ähnlichkeit zu den Befunden am Rio Chepo in Panama auf, deren Publikation wir gerade vorbereiten (vergl. hier auf Archaeologik).

Bisweilen sind es sehr ausgedehnte Landschaften, die durch solche raised fields geprägt werden, bisweilen sind es nur kleine Areale. In den Anden sind sie in der Regel als Streifen angelegt (im Gegensatz etwa zu den Befunden aus Guyana an der Atlantikküste - s. Altfluren an der Abschußrampe).
Die streifigen raised fields werden in Südamerika als canellones oder waru-waru bezeichnet.

Altflurrelikte Lateinamerika


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Größere Kartenansicht - unterschiedliche Feldkomplexe scheinen sich hier zu überlagern

Im Rahmen von Projekten der Rehabilitación wurden seit Ende der 1980er Jahre verschiedentlich wieder raised fields angelegt - und teilweise von Entwicklungshilfeorganisationen als traditionelle Landwirtschaft gefördert. Tatsächlich scheinen die Feldsysteme am Ende der Tiahuanaco-Periode, gegen Ende des 12. Jahrhunderts aufgegeben worden zu sein, ohne dass eine Tradition bis heute besteht. Die moderne Bewirtschaftung basiert auf Ergebnissen experimenteller Archäologie.


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Terrassen und Blockwälle
Berühmt sind die Terrassen in den Anden. Sie sind eine Erscheinung der Hänge und nutzen andere landschaftliche Rahmenbedingungen aus als die auf die Ebene beschränkten raised fields. Sie liegen aber am Titicacasee oft unmittelbar benachbart zueinander.


Größere Kartenansicht - in der Ecke oben rechts am Seeufer raised fields, auf dem Berg unterschiedliche terrassierte Felder

Die ausgedehnten Felder zeugen von einer ehedem dicht besiedelten Landschaft - auch wenn sie nicht gleichzeitig sind. Ihre Aufgabe hat offenbar nichts mit den Einbrüchen der präkolumbischen Bevölkerung zur Zeit der Conquista zu tun, sondern datiert wahrscheinlich bereits wesentlich früher.


Landnutzungsstrategien der Neuen Welt
Terrassen und raised fields sind nur die markantesten Ackerbauformen der Neuen Welt. Anders als die Felder in der Alten Welt waren sie nicht auf den Einsatz von Pflug und eine Beweidung während der Brachezeiten ausgelegt, da es Haustiere von entsprechender Größe nicht gab. Die einzige Ausnahme davon findet sich allerdings gerade in den Anden. Das Lama war hier nicht nur als Lieferant von Wolle hoch geschätzt, sondern auch wegen seines Dungs (siehe Archaeologik).
Gerade in der Versorgung mit Nährstoffen liegt wohl einer der Hauptaspekte der raised fields. Durch die Kanäle wurden Flussedimente in direkter Nachbarschaft der Beete abgelagert, so dass man sie einfach hochschaufeln konnte. Daneben verbesserten die raised fields aber auch das Mikro-Klima und verbesserten die Feuchtigkeitsbedingungen. Welcher Aspekt im Vordergrund stand, hängt unmittelbar vom jeweiligen Standort ab. In den Anden trugen sie zur Verkürzung der Frostperiode bei und verlängerten die Vegetationsphase, anderswo milderten sie die Auswirkungen der Trockenzeit.

Literaturhinweis

  • W. M. Denevan, Cultivated landscapes of native Amazonia and the Andes. Oxford geographical and environmental studies (Oxford 2001).

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